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Zur Zukunft der Bamberger Innenstadt

(zusammengestellt von Prof. Dr. Wilfied Krings)

Der Historische Verein Bamberg war eingeladen, an dem Mediationsverfahren "Zukunft Innenstadt Bamberg" ("Masterplan Innenstadt") teilzunehmen. Die in diesem Rahmen erarbeitete Konvention wurde am 1. Juli 2008 unterzeichnet, für den HVB durch den 1. Vorsitzenden, Prof. Dr. W. Krings.

Wie Baureferent Hans Zistl-Schlingmann erläuterte, wird die Fachverwaltung aus den Handlungsempfehlungen einen Aktionsplan erarbeiten. Das Strategiepapier, das Umsetzungsschritte aufzeigt und Beschlussvorlagen für die abschließende Stadtrats-Diskussion enthält, soll am 22. Oktober 2008 in einer Sondersitzung vorgestellt werden.

Wer sich für das Verfahren und seine Ergebnisse interessiert, möge die Homepage der Stadt Bamberg besuchen. Dort findet sich eine Pressemitteilung vom 03.07.2008. Diese führt ihrerseits zu folgenden Infos zum Mediationsverfahren "Zukunft Innenstadt Bamberg":

  • Konvention, Stand: 01.07.2008 - Präambel, Zielvereinbarungen (Oberziele und Ergebnisse "Aufenthaltsqualität und öffentlicher Raum", "Attraktive Urbanität und Erlebnischarakter", "Wohnen", "Verkehr", Weiterhin bestehende Differenzen, Eckpunkte der Implementierung, Erläuterungen zu den Oberzielen
  • Kurzbericht
  • Teilnehmer (Interesse, Organisation, Funktion, Name). Der HVB erscheint unter "Multiplikatoren"
  • Rede des Herrn OB Andreas Starke zur Abschlussveranstaltung und Unterzeichnung der gemeinsamen Konvention

Auskünfte zum Thema:

Herr Claus Reinhardt, Bürgermeisteramt, Pressestelle / Öffentlichkeitsarbeit
Pressesprecher, Internet & Intranet, Webmaster, Online-Redaktion
Maximiliansplatz 3
Raum: 8
D-96047 Bamberg
Telefon: 0951/87-1125
Email:

Für den HVB:
Prof. Dr. W. Krings
Email:


Dokumentation
Wieder ist ein Stück Industriekultur in Bamberg verschwunden

Zum Bebauungsplanververfahren 324D "Kaufmann-Märkte" (Ecke Brennerstraße/Pödeldorfer Straße)

Inhalt:
1. Öffentliche Auslegung
2. Ausführungen zur Geschichte des Bereichs östlich der Eisenbahnlinie
3. Stellungnahme HVB
4. Fränkischer Tag-Artikel von Jutta Behr-Groh, 01.03.2007
5. StRin Petra Friedrich über Bausenat vom 09.05.2007
6. Fränkischer Tag-Artikel von Jutta Behr-Groh, 07.09.2007
7. Fa. Retail Development GmbH, Bamberg

Die Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege zur Schutzwürdigkeit des Gebäudes Pödeldorferstraße 1, Architekt Chrysostomus Martin, liegt dem HV nicht vor. Sie fiel negativ aus.


1.
Bekanntmachung
Öffentliche Auslegung von Bauleitplanentwürfen


Der Senat für Bauwesen und Stadtentwicklung der Stadt Bamberg hat in seiner Sitzung vom 09.05.2007 die Änderung des Flächennutzungsplanes für das Gebiet zwischen Brennerstraße und Pödeldorfer Straße vom 09.05.2007 sowie den Vorhabensbezogenen Bebauungsplanentwurf Nr. 324 D für das Gebiet zwischen Brennerstraße und Pödeldorfer Straße mit integriertem Grünordnungsplan gebilligt und die öffentliche Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) beschlossen.
Anlass für die Änderung des Flächennutzungsplanes ist die Aufstellung des Vorhabensbezogenen Bebauungsplanes Nr. 324 D für den Eckbereich Brennerstraße/Pödeldorfer Straße.
Auf dem Gelände der ehemaligen Fa. Kaufmann & Sohn sowie der ehemaligen Fa. Papier-Behr soll ein Versorgungszentrum errichtet werden.
Im Flächennutzungsplan ist das Gebiet innerhalb des Geltungsbereiches als eingeschränktes Gewerbegebiet dargestellt, für welches im Osten Nutzungsbeschränkungen oder Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen vorzunehmen sind, da Wohnbaufläche angrenzt.
Für diesen Bereich ist gemäß Teilplan Landschaftsplan eine Grünausstattung zu entwickeln.
In der vorliegenden Flächennutzungsplan-Änderung wird der gesamte Bereich als Sonderbaufläche - Einzelhandel dargestellt.
Die Änderung des Flächennutzungsplanes erfolgt im Parallelverfahren zum Vorhabensbezogenen Bebauungsplan Nr. 324 D.
Die Floth Projektentwicklung, Bamberg hat im Auftrag des Investors Retail Development GmbH, Bayreuth, sowie in Zusammenarbeit mit dem Büro für Städtebau und Bauleitplanung Wittmann,Valier und Partner GbR die Einleitung eines Vorhabensbezogenen Bebauungsplanes beantragt.
Der Vorhaben- und Erschließungsplan der Fa. Retail Development GmbH, Bayreuth sieht auf dem Plangebiet den Bau eines Stadtteilversorgungszentrums für Einzelhandel vor.
Dafür ist der Abbruch der gesamten bestehenden Bausubstanz des Bereiches vorausgesetzt.
Entstehen sollen 3 Märkte: Im Norden an der Brennerstraße ein Aldi-Discountmarkt, östlich davon ein Rewe-Getränkemarkt und im Osten ein Rewe-Supermarkt.
Die Bauleitplanentwürfe liegen gemäß § 3 Abs. 2 BauGB in der Zeit von Montag, 04. Juni 2007
bis einschließlich Freitag, 06. Juli 2007 während der Dienststunden beim Stadtplanungsamt der Stadt Bamberg, Untere Sandstraße 34, II. Stock, zur öffentlichen Einsicht aus.
Die Planunterlagen zum Flächennutzungsplanverfahren mit Begründung und Umweltbericht gemäß § 5 Abs. 5 BauGB und den Angaben gemäß § 2a BauGB und zum Bebauungsplanverfahren mit Begründung und Umweltbericht und den Angaben nach §§ 2a und 9 Abs. 8 BauGB können dort an den Anschlagtafeln eingesehen werden. Während der Auslegungsfrist können Anregungen vorgebracht werden.
Diese sollen möglichst schriftlich in zweifacher Ausfertigung beim Baureferat der Stadt Bamberg eingereicht werden.
Es wird darauf hingewiesen, dass Stellungnahmen, die während der öffentlichen Auslegung verspätet eingehen, bei der Beschlussfassung über den jeweiligen Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können (§ 3 Abs. 2 Satz 2 und § 4 a Abs. 6 BauGB).
Die Planunterlagen zum Flächennutzungsplan- und Bebauungsplanverfahren können auch als zusätzliche Information unter dem Titel „Aktuelle Bauleitplanverfahren“ im Internet unter www.stadtplanungsamt.bamberg.de eingesehen werden.

Bamberg, 18.05.2007
STADT BAMBERG


2.  
Ausführungen zur Geschichte des Bereichs östlich der Eisenbahnlinie


Auszüge aus Wilfried Krings: "Arbeit ist des Bürgers Zierde, Segen ist der Mühe Preis". Bamberg als Industriestandort vor 100 Jahren. In: Dokumentation des 100jährigen Weges. Hrsg. v. d. Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Bezirksverband Bamberg Stadt e.V., Bamberg 1987, S.17-56.

„Nach 1883 waren in Bamberg noch folgende Neugründungen zu verzeichnen: die Mechanische Seilerwarenfabrik AG. (1885) mit einem Kapital von 1 Mill. Mk. und die Fabrik für Elektrotechnik und Maschinenbau AG. (1887). Mit der letzteren nahm eine Entwicklung ihren Anfang, die für die Stadt erst viel später und unter besonderen standortpolitischen Umständen bedeutsam werden sollte. 1938 errichtete die Elektrotechnische Fabrik Lindner & Co. aus Jecha (bei Sondershausen/Thüringen) ein Zweigwerk, ein Jahr darauf übernahm die Fa. Robert Bosch GmbH., Stuttgart, leerstehende Werkshallen an der Geisfelder Straße und stellte dort Zündkerzen her. Bosch ist heute [1987!] mit 7100 Beschäftigten der größte industrielle Arbeitgeber in Bamberg.

1887 war die Elektroindustrie ein noch sehr junger Zweig. 1881 hatte in Paris die erste internationale elektrotechnische Weltausstellung stattgefunden, auf der erstmals das Edison'sche Beleuchtungssystem (mit Glühlampen) gezeigt worden war. Aus einer von dem Ingenieur Emil Rathenau (1838-1915) gegründeten Studiengesellschaft, die die von der Compagnie Continentale Edison erworbenen Patente erproben sollte, ging 1883 die Deutsche Edisongesellschaft für angewandte Elektrizität, eine Aktiengesellschaft mit einem Anfangskapital von 5 Mill. Mk., hervor. Sie nahm 1887 den Namen Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft, Berlin, an. Das Kapital wurde auf 12 Mill. Mk. erhöht. Älter war die Nürnberger Fa. Schuckert u. Komp., sie sollte aber erst 1892 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden.

Die neue Bamberger Fabrik baute 'Dynamomaschinen, Bogenlampen und Apparate für elektrische Beleuchtung nach eigener Construction und nach eigenen Patenten'. Sie soll Vertretungen 'in allen größeren Städten Deutschlands' unterhalten haben. Zu den ersten Großaufträgen gehörte die Beleuchtungsanlage für die Internationale Gartenbau-Ausstellung in der 'Flora' in Köln im Jahre 1888. Von einer allgemeinen Einführung der elektrischen Beleuchtung konnte damals noch keine Rede sein; sie war ein Luxus, der besonderen Anlässen und Situationen vorbehalten war. Dies bestätigt eine Meldung, die das Tagblatt am 13.3.1887 brachte: ‚Die größte elektrische Lichtanlage der Welt besitzt der Kaiser von Rußland (= Alexander III., 1881-1894, d. V.) im Winterpalast in Petersburg. Der Palast ist mit 12000 Glühlampen, die Höfe mit 56 Bogenlampen taghell erleuchtet. Die Maschinenstation umfaßt 8 Dampfmaschinen von ungefähr 2500 Pferdestärken, welche 26 Dynamomaschinen treiben.'

Bamberg machte 1885 Bekanntschaft mit der elektrischen Beleuchtung, nachdem eine von dem Schuhfabrikanten H. Manz gegründete Gesellschaft 'einige Gebäude und die Festwiese im Hain', offenbar mehr schlecht als recht versorgte. Die Spinnweberei [Mechan. Baumwollspinnerei und Weberei A.G., Gaustadt] installierte 1887 in einem neuen Spinnereigebäude eine elektrische Lichtanlage von Schuckert und ließ auch den Fabrikhof durch 16 Bogenlampen beleuchten. Schließlich wurde auch die Stadt Bamberg aktiv. Im Jahresbericht des Bezirks-Gremiums für Handel und Gewerbe Bamberg für 1890 lesen wir, welche Hoffnungen man daran knüpfte: 'Eine der stärksten hiesigen Wasserkräfte, die Leibel'sche Mühle, hat die Stadt mit der Absicht erworben, dieselbe gelegentlich zu einem Elektrizitätswerk umzugestalten und alsdann elektrisches Licht und Strom zum Kraftbetrieb im Gewerbe abzugeben. Hoffentlich geben die Resultate der Frankfurter Elektrischen Ausstellung der Stadtverwaltung den Anlaß, mit dem Projekt recht bald Ernst zu machen. Eine elektrische Lichtanlage für Straßenbeleuchtung mit 24 Bogenlampen und zur Beleuchtung städtischer Bureaus befindet sich bereits seit vorigem Jahre in Betrieb des städtischen Wasserwerkes.'" (S.30)

An der Gründung der oben genannten Aktiengesellschaft waren folgende Personen beteiligt: "Banquier Max Frank, Tabakfabrikant Karl Gross, Privatier Magnus Klee, Privatier und Magistratsrath Bapt. Ferd. Messerschmitt, Fabrikant Karl Roesch [Inhaber der Essig- u. Likörfabrik P. J. Schruck], Hopfenhandlung Firma Emanuel Dessauer und die Hopfenhandlung Firma Moritz Rosenwald." (Tagblatt 1887) Frank (vgl. Loebl 1999, S.316), Dessauer und Rosenwald waren Juden, so dass wir hier eine bemerkenswerte christlich-jüdische Gemeinschaftsaktion vorliegen haben. Bereits 1891 endete allerdings die Geschichte des jungen Unternehmens. Der Tabakfabrikant Gross (Groß) gründete daraufhin 1892 die Firma Groß & Bohrer, die noch in den 1890er Jahren einen Neubau in der Zollnerstraße (76) bezog. 1899 errichtete das Unternehmen die elektrische Zentrale der Portland-Zementfabrik in Karlstadt am Main und begann mit der Anlage der Straßenbeleuchtung in Bad Brückenau.

Zu der Standortfrage heißt es:

"Eine Reihe von Betrieben mit größerem Flächenbedarf finden wir entlang der Pödeldorfer Straße. Den Anfang machte hier eine Bau- und Möbelschreinerei (1882, nach 1888 auch Parkettbodenfabrik). Es folgten die Frankenbräu (1885) ['Erste Bamberger Exportbierbrauerei Frankenbräu'. Der gesamte stadtbildprägende Komplex an der Pödeldorfer Straße wurde 1982 abgebrochen.], die Elektrotechnische Fabrik (1887) und die Gemüse- und Obst-Präservenfabrik (1890). Daß es gerade die Pödeldorfer Straße war, dürfte mit den Grundbesitzverhältnissen zusammengehangen haben. Im Jahresbericht 1885 u. 1886 der Handels- und Gewerbekammer für Oberfranken heißt es, in Bamberg solle eine Fabrik zur Anfertigung von Dynamo-Maschinen errichtet werden und die Grunderwerbungen hätten dem Vernehmen nach stattgefunden. Letzteres konnte nicht zugetroffen haben, denn erst am 4.2.[18]87 meldete das Tagblatt aus einer Magistratssitzung: 'Herr Baumeister Maier bittet im Namen eines Consortiums um Abtretung von 4 bis 5 Tagwerk (ca. 14.000-17.000 m²) der bürgerspitälischen Felder an der Pödeldorferstraße behufs Errichtung eines Fabriketablissements und bietet 4000 M. per Tagwerk'. Interessanterweise erklärte sich der Magistrat, ohne über den Preis zu verhandeln, einverstanden. Er wünschte lediglich, es solle vor der Protokollierung des Verkaufsgeschäfts bekannt gegeben werden, was es für eine Fabrik werden solle! Das Ratskollegium war ebenfalls einverstanden, allerdings hatten zwei seiner Mitglieder einen um 2000 M. höheren Verkaufspreis verlangt.

Es handelte sich also um Grundbesitz des Bürgerspitals, den die Stadt verwaltete und den sie hier offenbar im Sinne der Wirtschaftsförderung, wie man heute sagen würde, einsetzte. Eine Untersuchung über den Grundbesitz des Bürgerspitals und sein Schicksal steht noch aus. Ergänzen wir, daß 1887 gleichfalls an der Pödeldorfer Straße aus dem Grundbesitz des Antonistifts ein Areal von rund einem Tagwerk an den Militärfiskus veräußert wurde. Es diente zum Bau einer neuen Infanteriekaserne. Nach ihrer Fertigstellung wurde die Langgaßkaserne aufgelassen und abgebrochen (1891/92)." (S.46f.)


3.
Bebauungsplanververfahren 324D "Kaufmann-Märkte"
Stellungnahme des Historischen Vereins Bamberg


Die Ansiedlung eines Stadtteilversorgungszentrums für Einzelhandel auf dem "Kaufmann-Gelände" wird grundsätzlich befürwortet, vorausgesetzt, der Bedarf für die genannten drei EH-Einrichtungen ist nachgewiesen. Für die Detailplanung werden folgende Vorschläge gemacht:

A. Verkehrsanbindung

Für die Verkehrsanbindung sollten folgende Maximen gelten:

1. Vorrang für den Fußgänger- und Radfahrerverkehr. Dies bedeutet, dass geeignete Zugänge von Osten und Norden (Pödeldorferstraße, Katharinenstraße, Georgenstraße) geschaffen werden. Die bestehende weitgehend geschlossene Bebauung an der Katharinenstraße erschwert eine solche Lösung, die trotzdem geprüft werden sollte.

2. Gestalterische Verbesserung der Brennerstraße. Durch diese Straße würde künftig der Zugang vom östlichen Bahnhofstunnelausgang erfolgen. Auch hier sollten Maßnahmen zugunsten des Fußgänger- und Radfahrerverkehrs getroffen werden.

3. Beibehaltung der bestehenden Anbindung (Annastraße) an die Starkenfeldstraße. Mit Rücksicht auf die Pfisterbrücke erscheint eine Veränderung problematisch. Südlich der Starkenfeldstraße ist zudem kaum Kundenpotenzial vorhanden, die Überquerung der stark befahrenen Starkenfeldstraße für Fußgänger und Radfahrer ist mühsam bis gefährlich. Eine Ampelanlage kurz hinter der Brücke stadtauswärts würde den Verkehrsfluß (MIV, ÖPNV) behindern.

B. Städtebauliche Gestaltung

Durch die städtebauliche Entwicklung östlich der Bahn, die im 19. Jahrhundert einsetzte, sind bestimmte gestalterische Vorgaben entstanden, die respektiert werden sollten. Charakteristisch ist die im Idealfall schachbrettförmige Erschließung durch lange geradlinige Straßen (Pödeldorferstraße!). Charakteristisch ist ferner die Blockrandbebauung, die zum Teil zu geschlossenen Fassadenreihen führte (Katharinenstraße, Pödeldorferstraße). Daraus folgt, dass entlang der Pödeldorferstraße in dem betroffenen Abschnitt zwischen Brenner- und Katharinenstraße diese Geschlossenheit beibehalten werden sollte. Dies wäre durch den Erhalt der bestehenden Fassaden bzw. deren Eingliederung in die Bauvorhaben erreichbar.

C. Stadtgeschichtliche Bedeutung

Das von den geplanten Abbrüchen betroffene Gebäude Pödeldorferstraße 1 hat neben seiner Bedeutung für das städtebauliche Erscheinungsbild des gesamten Baublocks auch besondere Bedeutung für die Wirtschaftsgeschichte der Stadt Bamberg. Es wurde errichtet als Produktionsstätte der 1887 gegründeten "Fabrik für Elektrotechnik und Maschinenbau AG." Diese Gründung war sozusagen der Startschuß für die Elektroindustrie in Bamberg, die bis heute ein wesentlicher Bestandteil der städtischen Wirtschaft darstellt.

An der Gründung der oben genannten Aktiengesellschaft waren folgende Personen beteiligt: "Banquier Max Frank, Tabakfabrikant Karl Gross, Privatier Magnus Klee, Privatier und Magistratsrath Bapt. Ferd. Messerschmitt, Fabrikant Karl Roesch [Inhaber der Essig- u. Likörfabrik P. J. Schruck], Hopfenhandlung Firma Emanuel Dessauer und die Hopfenhandlung Firma Moritz Rosenwald." (Tagblatt 1887) Frank, Dessauer und Rosenwald waren Juden, so dass wir hier eine bemerkenswerte christlich (bzw. nichtjüdisch) - jüdische Gemeinschaftsaktion vorliegen haben. Bereits 1891 endete allerdings die Geschichte des jungen Unternehmens. Der Tabakfabrikant Gross/Groß gründete daraufhin 1892 die Firma Groß & Bohrer, die noch im gleichen Jahrzehnt einen Neubau in der Zollnerstraße (Nr.76) bezog.

Die Gebäude der Elektrotechnischen Fabrik Pödeldorfer Str. 1 wurden 1896 von der Bamberger Metallwaaren-Fabrik Langmeier und Kaufmann erworben. Das 1885 gegründete Unternehmen stellte Flaschenkapseln für Wein- und Bierflaschen, Konservengläser u.a. her. 1913/14 waren Eigentümer Moritz Kaufmann und Angelo Wassermann (der damals bedeutendste Bamberger Bankier), beide Juden. Der Firmenname lautete zuletzt Kaufmann & Sohn GmbH, Erste Bamberger Metallkapsel- und Metallwaren-Fabrik. Die Firma gelangte 1997 an die Linhardt-Gruppe; 2005 erfolgte die Schließung, angeblich wegen mangelnder Auslastung. Angemerkt sei, dass zuvor die Linhardt-Gruppe an ihrem Stammsitz Viechtach rund 40 Mill. DM in eine neue Produktionsstätte investiert hatte: "Clean Factory", ein Alutuben-Werk der neuen Generation, das den Grundlagen der Reinraum-Technologie folgt und "modernster Bau in der Branche" sei.

D. Bewertung

Zu der Baugeschichte und -substanz des Gebäudes Pödeldorfer Str. 1 kann nichts ausgesagt werden, da die Bauakten dem HVB nicht zugänglich waren. Zumindest die Front zur Pödeldorfer Straße hin ist mit einem klaren gestalterischen Anspruch errichtet und wahrscheinlich weitgehend unverändert erhalten. Mit dem Abriß würde ein weiteres Zeugnis der Industriekultur in Bamberg verschwinden. Sollte das Landesamt für Denkmalpflege nicht auf Denkmalwürdigkeit des Gebäudes erkennen, wäre das nach Meinung des HVB trotzdem als Chance zu werten, die Fassade kreativ in die Neubebauung einzubeziehen. Auf diese Weise wäre für die Bewohner des Stadtteils die Wiedererkennbarkeit von Vertrautem gewährleistet. Zugleich würden die Ablesbarkeit der ehemaligen wirtschaftlichen Funktionen im Bereich der Pödeldorfer Straße sowie der städtebauliche Zusammenhang der Straßenfront erhalten. Das geplante Stadtteilversorgungszentrum bekäme auf diese Weise ein individuelles, in der jüngeren Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Stadt Bamberg deutlich verankertes Gesicht.

Prof. Dr. Wilfried Krings
1. Vorsitzender Historischer Verein Bamberg
Ottostrasse 38
96047 Bamberg
Tel. 0951 - 28032


4.
Kaufmann-Märkte. Ein Stück Wirtschaftsgeschichte. Die Stadtheimatpflege und der Historische Verein appellieren, beim Bau des Nahversorgungszentrums an der Pödeldorfer Straße die Gebäude am Straßenrand zu erhalten.

VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED Jutta Behr-Groh, FT 01.03.2007

Bamberg - Die beiden Stadtheimatpfleger und der Vorsitzende des Historischen Vereins sähen auf dem Abbruchgelände von Kaufmann & Sohn gern die alten Fassaden an der Pödeldorfer Straße erhalten. Auch wenn sie nicht unter Denkmalschutz stehen und der Abbruch genehmigt ist, sollten sie nach Meinung von Dr. Karin Dengler-Schreiber und ihrem Kollegen Hanns Steinhorst sowie Prof. Dr. Wilfried Krings stehen bleiben.  

Sie weisen in ihren Stellungnahmen zum Bebauungsplanverfahren für die projektierten Kaufmann-Märkte auf die Bedeutung der Häuser Pödeldorfer Straße 1 und 3a für die Bamberger Stadtentwicklung und Wirtschaftsgeschichte hin.  

Keimzelle der Elektroindustrie  

"Beide Gebäude konservieren ein Stück Bamberger Wirtschaftsgeschichte, die auch nach dem Umbau ablesbar sein sollte", argumentieren die Stadtheimatpfleger: "Am Beginn der Pödeldorfer Straße (Nr. 1) stand einst die erste Bamberger Fabrik für Electrotechnik und Maschinenbau' und später die erste Bamberger 'Metallkapsel- und Metallwarenfabrik Kaufmann und Sohn'. Das Gebäude Pödeldorfer Straße 3 wurde als Möbelfabrik gebaut (1888) und später von der Firma ,Papier Behr' genutzt."

Die historische Stützenkonstruktion eignet sich nach Meinung von Dengler-Schreiber und Steinhorst durchaus dazu, sie in die beabsichtigte neue Nutzung zu integrieren.  

Krings regt an, zumindest die Fassaden zu retten. So wäre "die Wiedererkennbarkeit des Vertrauten" gewährleistet und bekäme das geplante Nahversorgungszentrum "ein individuelles, in der jüngeren Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Stadt deutlich verankertes Gesicht".  

Ohnehin treten die Verfasser beider Stellungnahmen dafür ein, das Eckgrundstück unbedingt wieder am Rand zu bebauen. Auf den im Stadtrat vorgestellten Plänen sind die projektierten Aldi- und Rewemärkte in der Tiefe des Areals vorgesehen.  

Durch die städtebauliche Entwicklung Bambergs östlich der Bahn im 19. Jahrhundert seien gestalterische Vorgaben entstanden, die respektiert werden sollten, appelliert Krings. Charakteristisch war demnach eine Schachbrett förmige Erschließung durch lange, geradlinige Straßen wie die Pödeldorfer Straße.  

Typisch sei ferner die so genannte Blockrandbebauung, die teils zu geschlossenen Fassadenreihen führte, wie sie in der Pödelorfer Straße und der Katharinenstraße erlebbar seien. "Diese historische Vorgabe sollte weitergeführt und nicht aufgegeben werden," finden auch Karin Dengler-Schreiber und Hanns Steinhorst.  


5.
Bausenat - 9. Mai 2007
Kaufmann-Märkte Pödeldorfer Straße
Flächennutzungsplan und Bebauungsplanänderungsverfahren


Neuer ALDI-Süd Laden entsteht anstelle der Alutubenfabrik Kaufmann & Sohn. Kaufmann hat sich lange Jahre geweigert, für vorgeschriebene Filteranlagen zu sorgen und sorglos giftigen und stinkigen Dreck in die Luft gepustet. Begründung: Hohe Investition, wenn Druck von Stadt, dann Abwandern ins Land mit Verlust von Arbeitsplätzen in der Stadt. Endlich stand auf Betreiben der GAL der von Bürgern lang ersehnte Schornstein, dreht uns Kaufmann den Strick um, geht weg aus Bamberg, vernichtete Arbeitsplätze in Bamberg - und schenkt der GAL einen hübschen neuen Schornstein…

Grundstück wird verkauft an Investor und Projektentwickler Floth, der mit ALDI - Süd vertraglich einig wird. Aldi geht in die Städte, weg von der Peripherie, da kommt das Gelände gerade recht.

Erste Besprechungen im Vorfeld ergeben mit uns:

1. Flächennutzungsänderung: Einzelhandel/Lebensmittel/Discounter Aldi kann von GAL dann befürwortet werden, wenn weitere Angebote für Ortsteil zur Nahversorgung am Platz gemacht werden. Diese Forderung wird erfüllt, es kommen REWE, ein Bäcker und ein Metzger dazu. GAL stimmt Flächennutzungsplan zu.

2. Bebauungsplanänderung: Zwar kündigt Floth an, dass Aldi weg geht von üblicher Einheitsarchitektur und verspricht hohe Qualität. GAL erwartet Änderung in Raumaufteilung, die an System Parkierungsfläche vor dem Markt festhält. Ebenso Änderung der Straßenansichten, damit städtebauliche Abrundung - wie sie bei Kaufmann-Gebäuden vorhanden - bestehen bleibt. Z.B. durch Integrieren der vorhandenen Fabrikfassaden. Dem wird vom Projektentwickler nicht entsprochen, es sei nicht wirtschaftlich.

Die Behandlung der Einwände von Trägern Öffentlicher Belange zu gleicher Kritik ist nicht zufriedenstellend:

Anwohner: Ruhendes Blech unter die Erde oder hinters Haus, damit der Platz frei für eine städtebauliche Gesamtgestaltung in Hinblick auf Bahnhofsvorplatz und -rückplatzneugestaltung: Abgelehnt

Denkmalpflege/Heimatpflege/BUND Naturschutz/Hist. Verein: empfohlene Randbebauung bzw. Nutzung der stadtbildprägenden Fassaden von Haus Nr. 1 und 3a: nicht entsprochen

StRin Petra Friedrich  


6.
Bamberg-Ost. Eröffnung soll im Frühsommer sein. Vor dem Baubeginn für die "Kaufmann-Märkte" müssen auf dem Areal an der Ecke Brenner-/Pödeldorfer Straße erst noch größere Mengen Boden entsorgt werden, die noch mit Schwermetallen belastet sind.

VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED Jutta Behr-Groh, FT 07.09.2007

Bamberg - Auf dem Grundstück der künftigen Kaufmann-Märkte an der Ecke Brenner-/Pödeldorfer Straße, wo schon im Frühsommer 2008 ein Aldimarkt sowie ein Super- und ein Getränkemarkt von Rewe eröffnen wollen, läuft derzeit noch die Sanierung des Bodens. Blei und andere Schwermetalle sind an einigen Stellen des Geländes festgestellt worden, das seit über 120 Jahre industriell genutzt worden ist. Dass es Altlasten gibt, war keine Überraschung für Projektentwickler Christian Floth. Es ist mehr der Umfang der Belastung, der "leider den Erwartungen entspricht".  

Michael Link vom Bamberger Ingenieurbüro für Hydrogeologie und Umweltschutz Gartiser und Piewak, analysiert im Auftrag des Projektentwicklers den Boden. Blei wurde dort nach seinen Recherchen bis kurz vor dem Zweiten Weltkrieg zur Tubenherstellung genutzt, es sei auch eine Bleischmelze betrieben worden. Dabei angefallene Asche landete genau so im Boden wie Hausmüll. Laut Link ist es ein "ortsübliches Problem" in weiten Teilen Bambergs, dass man vor Jahrzehnten alles Mögliche zur Bodenauffüllung verwendet habe. Datieren könne man das Material stets relativ einfach an Hand der alten Bierflaschen, die sich darin regelmäßig auch fänden. . .  Wegen der Altlastenentsorgung, an deren Kosten sich laut Floth der Vorbesitzer beteiligt, verschiebt sich der eigentliche Baubeginn um vier bis acht Wochen. Nun soll er Ende Oktober erfolgen. Die Baugenehmigung liegt seit kurzem vor.

Einen milden Winter vorausgesetzt hält der Entwickler die Eröffnung zum Wunschtermin im Frühsommer 2008 weiter für möglich. Er spricht von einer Rekordzeit, in der das Vorhaben zur Baureife gelangt sei; das sei auch der breiten Unterstützung in Stadtrat wie Baureferat zu verdanken. Auch aus der Nachbarschaft um die Großbaustelle hört Christian Floth, wie er sagt, durchweg positive Signale. Das enge Nebeneinander von Wohnen und Industrie habe in der Vergangenheit oft zu Problemen geführt; nun begrüßten die Anwohner Einkaufsmöglichkeiten vor der Haustür.  

Auch städtebaulich soll sich die Situation verbessern. Die Märkte entstehen in L-förmig angelegten Neubauten entlang der inneren Grundstücksecke, der Parkplatz zur Straße hin.  

Eine Hecke aus Hainbuchen soll die für die Pödeldorfer Straße typische Blockrandbebauung fortsetzen. Die Stadtheimatpfleger und der Historische Verein hätten aus diesem Grund gerne die alte Fassade aus Kaufmann & Sohn-Zeiten erhalten gewusst. Aus Sicht des Entwicklers wäre das jedoch "weder ökonomisch noch optisch sinnvoll gewesen". Die Kundenparkplätze wären dann in der Tiefe des Grundstücks und wären eine "nicht hinnehmbare Belästigung für die Anlieger", argumentiert Floth. Aufgenommen haben er und das Architekturbüro Schwerdtner (Bischberg) dagegen die Bitte des Umweltamts, einen Teil des Flachdachs zu begrünen. Auf Wunsch der Stadt werde zudem die Bushaltestelle auf Höhe Pödeldorfer Straße 1 an die Brennerstraße verlegt.  

Die Floth Projektentwicklung GmbH entwickelt nach eigenen Angaben deutschlandweit Grundstücke und Objekte im Auftrag Dritter bis zur Baureife. Bauherr und Auftraggeber der "Kaufmann-Märkte" ist die Retail Development Gesellschaft mbH Bamberg; Christian Floth ist Geschäftsführer.  


7.
Retail Development GmbH, Kronacher Str. 41, Bamberg (Real Estate Development [Immobilienentwicklung] sowie die Realisierung von Immobilienprojekten von der Entwicklung bis zur Vermarktung, die Vermittlung des Abschlusses oder des Nachweises der Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, gewerbliche Räume und Wohnräume, die Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben als Bauherr im eigenen Namen für eigene oder fremde Rechnung oder als Baubetreuer in fremdem Namen für fremde Rechnung). Stammkapital: 25.000 EUR. Geschäftsführer: Christian Floth, Bamberg; Andreas Hüser, Neudrossenfeld. Die Gesellschafterversammlung vom 16.11. hat die Verlegung des Sitzes von Bayreuth nach Bamberg beschlossen. (19.2.)