Betr.: Nachverdichtung Hainviertel, FT 21.04.2010 u. 28.04.2010
Das Hainviertel weist einige städtebauliche Besonderheiten auf, die trotz mancher nachträglicher Eingriffe noch immer ablesbar sind und in der Denkmalstadt Bamberg Beachtung und Respekt verdienen. Sie tragen in erheblichem Maße zur Individualität der Stadt bei.
Es handelt sich insbesondere um folgende Tatbestände:
1. Die Baublöcke sind relativ groß und im Innenbereich mit baulichen Anlagen gefüllt, die sich teils aus den Verkehrsbedürfnissen der meist großbürgerlichen Eigentümerschicht ergaben (Remisen für Kutschen, Kutscher- und Gärtnerwohnungen), teils mit deren gewerblicher Tätigkeit zusammenhingen (Schwerpunkt Hopfenhandel bzw. Hopfenaufbereitung für den Export, daneben auch andere Branchen wie Klavierbau oder Likörfabrikation).
2. Die einzelnen Grundstücke sind zum Teil von beachtlicher Größe, weil gerade die Villen in der Erbauungszeit üblicherweise mit Park- und Gartenanlagen ausgestattet wurden.
Wie den genannten Zeitungsberichten zu entnehmen ist, sind Eingriffe geplant, die beide Tatbestände betreffen und zu einer weiteren Minderung des historischen Erbes führen würden, wenn die Pläne realisiert werden sollten. Der Historische Verein Bamberg appelliert daher an die Verantwortlichen, sich bewußt zu machen, was auf dem Spiel steht.
Die Stauffenberg-Villa von 1865, Ecke Amalien-/Schützenstraße, gehört zu den Anlagen, die noch den Geist ihrer Entstehungszeit wiederspiegeln. Den Garten (siehe Foto) als "Baulücke" zu bezeichnen (laut FT), negiert völlig den geschichtlichen Hintergrund. Ein wie auch immer gestaltetes Mansarddach passt weder in die Bauzeit noch in das Straßenbild (siehe Foto). In Anbetracht der besonderen Bedeutung des Anwesens sollte es für die Stadt eine selbstverständliche Verpflichtung sein, die bestehende Situation unbeeinträchtigt zu erhalten und für eine adäquate neue Nutzung Sorge zu tragen.
Bezüglich der Planung an der Herzog-Maxstraße schliesst sich der HVB der Stellungnahme der SGAB an (siehe Anhang). Als zusätzlicher Punkt sei erwähnt, dass die zur Diskussion stehenden Gebäude mit ihrer Rückseite an die Rückseiten entsprechender Bauten an der Schützenstraße anstossen. Sollten die fraglichen Gebäude wegen ihres Zustandes nicht renovierbar sein, wäre vor verändernden Eingriffen zumindest ein Gesamtkonzept für die Weiterentwicklung des Innenbereichs zwischen Herzog-Max-, Amalien-, Schützen- und Ottostraße zu erstellen.
Der HVB gesteht gerne zu, dass die Nachverdichtung als städtebauliche Strategie generell sinnvoll ist, um das Ausufern der Städte in die Landschaft und damit den "Flächenverbrauch" zu bremsen. Im Fall von Bamberg, das traditionell als weitläufig beschrieben und wegen seiner ungewöhnlich lockeren Bebauung im Alten Reich unter die "Reichsdörfer" gezählt wurde, konterkariert die Nachverdichtung vielfach die historischen Strukturen. Das gilt an erster Stelle für die Gärtnerstadt, aber auch für das Hainviertel und Teile des Berggebiets. All dies ist seit längerem mehrfach thematisiert worden und sollte daher allen mit der Stadtentwicklung Befassten vertraut sein. Bevor Bestehendes unwiederbringlich geopfert wird, sollte darüber nachgedacht werden, wie Leerstände in der Innenstadt und an ihren Rändern für Wohnzwecke in Wert gesetzt werden können. Das jüngst durchgeführte Mediationsverfahren hat diesbezüglich Wege aufgezeigt.
Wilfried Krings